Schnelles Laden beschleunigt die Alterung von E-Auto-Batterien
Was für Fahrer eines Verbrenners undenkbar ist, trifft auf E-Auto-Fahrer zu: Mit der Zeit nimmt die Leistung der Batterie ab, was zu einer Verringerung der Fahrzeugreichweite führt. Obwohl dies in der Bedienungsanleitung des E-Autos nachzulesen wäre, fehlt vielen Fahrern schlichtweg die Geduld.
Bereits vor etwa 10 Jahren ergab ein Langzeittest des ADAC mit einem E-Kleinwagen, dass das schnelle Laden einen negativen Einfluss auf die Lebensdauer der Batterie hat. Auch das regelmäßige Vollladen wirkt sich in gleicher Weise nachteilig aus. Dabei spricht man von der Degradation des Akkus.
Bei Elektroautos führen chemische Prozesse zur beschleunigten Alterung der Batterie. Wenn die Batterie bis zu dem Punkt aufgeladen wird, an dem sie sich von selbst abschaltet, und dann noch längere Zeit in diesem Zustand verbleibt, ist die Zellspannung maximal. Dies führt zu chemischen Reaktionen, die zu einem Verschleiß der Batterie führen. Das Gleiche gilt übrigens auch für eine vollständige Entladung.
Eine Untersuchung des österreichischen Unternehmens Aviloo zeigt, dass die Leistungseinbußen bei Batterien nicht unerheblich sind. Laut einem Bericht der Bild-Zeitung haben Experten den sogenannten "State of Health" der Batteriezellen verschiedener E-Auto-Typen untersucht. Das Ergebnis ist beeindruckend: Wenn man eine Batterie regelmäßig ausschließlich über Schnellladung mit Strom versorgt, beschleunigt sich der Alterungsprozess um 17 %. Das bedeutet, dass fast ein Fünftel der ursprünglichen Speicherkapazität verloren geht - zusätzlich zu dem ohnehin auftretenden Verschleiß jeder Batterie.
Da jedoch extreme Situationen in der Praxis eher selten sind, bietet sich eine Spanne zur Veranschaulichung des Alterungsprozesses an: Die Restkapazität bei E-Autos liegt zwischen 93 % und 71 %, je nachdem, ob der Akku fast nie schnellgeladen oder häufiger als in 80 % aller Ladevorgänge geladen wird, wie die Bild-Zeitung berichtet.
Weitere Faktoren beeinflussen die Akkuleistung
Es gibt eine Reihe von Faktoren, die die Batterieleistung beeinflussen. Neben dem Schnellladen, dem Vollladen und der vollständigen Entladung spielt auch die Hitze eine große Rolle. Wenn die Temperaturen auf 40 Grad steigen, altert die Batterie sehr schnell - ein Szenario, das angesichts der globalen Erderwärmung immer realistischer wird. Ein weiterer Risikofaktor besteht darin, das Fahrzeug mit einer vollgeladenen Batterie längere Zeit irgendwo abzustellen. Laut Nikolaus Mayerhofer, dem Technikvorstand von Aviloo, kann man sich diese Alterung wie ein überdehntes Gummiband vorstellen, das mit der Zeit ausleiert.
Besonders letzterer Punkt stellt die Autohersteller vor ungeahnte logistische Herausforderungen. Denn in Zukunft wird es unter anderem darum gehen müssen, die Fahrzeuge nicht zu lange "auf Halde" stehen zu lassen. Diese Gefahr wurde bisher vollkommen unterschätzt, wie der ehemalige Chef der Entwicklung eines großen Autoproduzenten gegenüber FOCUS Online erklärt. Denn unabhängig von unsachgemäßem Gebrauch ist immer mit einer gewissen natürlichen Alterung des Akkus zu rechnen.
Selbst beim gelegentlichen Schnellladen mit einem CCS-Stecker kann die zugesicherte Ladedauer von 15 bis 20 Minuten nur unter bestimmten Voraussetzungen erreicht werden. Es müssen bestimmte Umgebungsfaktoren stimmen und der Akku muss sich in einem genau definierten Ladezustand befinden. Ist dies nicht der Fall, verlängert sich die Ladedauer schnell auf 45 Minuten.
In Zukunft könnte dieses Problem vor allem für Käufer von Gebrauchtwagen relevant werden. Im Gegensatz dazu profitieren Leasingnehmer und Neuwagenkäufer immer noch von der oft achtjährigen Garantie auf Traktionsbatterien. Ob sich dieses Problem jedoch auf die durchschnittliche Lebensdauer von E-Autos auswirken wird, die in Deutschland derzeit bei 18 Jahren liegt, bleibt abzuwarten. Langzeittests an der TU München lassen jedoch optimistisch stimmen. Die Akkus eines VW ID.3 wurden einem solchen Test auf Langzeittauglichkeit unterzogen, und das Ergebnis fiel besser aus als erwartet, so Vertreter der TU.
Um den Verschleiß der Batterie effektiv zu verhindern, können E-Auto-Besitzer mit wenigen Tipps die Lebensdauer ihrer Batterien maximieren.
Vor allem sollte das Schnellladen mit 200 Kilowatt oder mehr auf die Fälle beschränkt werden, in denen es wirklich notwendig ist. In allen anderen Fällen sollte entweder zu Hause an der Wallbox oder an einer der öffentlichen Ladesäulen geladen werden - insbesondere, wenn über Nacht genügend Zeit dafür vorhanden ist. Dies gilt auch für Modelle wie den Porsche Taycan, den Kia EV6 oder den Hyundai Ioniq, bei denen die Hersteller besondere Ladegeschwindigkeiten garantieren. Auch bei Tesla-Modellen wird empfohlen, das vollständig aufgeladene Auto nicht zu lange stehen zu lassen. Allerdings sind diese Modelle auf 3000 oder mehr Vollladezyklen ausgelegt. Laut Reitberger entspricht dies einer Laufleistung von mehr als einer Million Kilometer.
Dennoch bleibt ein bitterer Beigeschmack. Obwohl der Kunde die Lebensdauer seiner Akkus positiv beeinflussen kann und entsprechende Hinweise in der Betriebsanleitung des Fahrzeugs zu finden sind, bleibt die Tatsache bestehen, dass die Angaben zur maximalen Reichweite und Ladeleistung nur unter sehr spezifischen Bedingungen zutreffen.
Quellen: focus.de, Sebastian Viehmann, 23.04.2023, Battery Kutter, 19.05.2023